Name: Johanna Muhl
Beruf: Leiterin des Servicebüros für Täter-Opfer-Ausgleich und Konfliktschlichtung in Köln
Aufgabe: Das Servicebüro für Täter-Opfer-Ausgleich und Konfliktschlichtung ist eine unabhängige Stelle, die eine sogenannte Mediation zwischen den Beteiligten einer Straftat vornimmt. Ausgebildete Mediatorinnen und Mediatoren führen erst einmal Einzelgespräche und vermitteln dann zwischen Täterinnen oder Tätern und Betroffenen.
Was ist ein Täter-Opfer-Ausgleich?
„Der Täter-Opfer-Ausgleich ist ein freiwilliges Angebot an die Beteiligten von Straftaten, den durch die Straftat entstandenen Konflikt oder die Ursache selbstbestimmt und außergerichtlich zu klären. Die Mediation in Strafsachen ist tatsächlich in Deutschland die häufigste Form, wie der Täter-Opfer-Ausgleich durchgeführt wird, d.h. dass sich die Tatbeteiligten nicht alleine zusammenfinden und über das Geschehene sprechen, sondern dass in diesem Prozess eine Art Begleitung stattfindet durch die Einbeziehung von unparteilichen Vermittler*innen.“
Wie läuft eine Mediation ab?
„Es finden getrennte Erstgespräche statt und der Sinn dahinter ist, dass erstmal Hemmschwellen abgebaut werden können und auch wirklich erstmal über dieses Angebot informiert werden kann, also wie sieht der Ablauf aus, welche Möglichkeiten gehen damit einher, was habe ich vielleicht auch für Vorbehalte dem Ganzen gegenüber?
Nach diesem Gespräch hat man dann die Möglichkeit wieder, ganz frei für sich selbst zu entscheiden: Möchte ich an so einem Gespräch teilnehmen oder nicht. Wenn sich beide Parteien dafür bereit erklären, in so einen Prozess zu gehen, dann würde die vermittelnde Person in eine Terminfindung gehen.
Es gibt eine Einstiegsphase, in der erklärt wird: Was sind die Gesprächsregeln? Vor welchem Hintergrund kommen wir hier zusammen und wie wollen wir dieses Gespräch führen?
Dann geht es in der zweiten Phase darum, dass jede Person die Möglichkeit hat aus der eigenen Erlebniswelt heraus zu schildern, was geschehen ist. Und das passiert vor dem Hintergrund: Eine Person hat Rederecht und die andere muss zuhören.
In der nächsten Phase versucht man dann tatsächlich in eine gemeinsame Kommunikation einzutreten, also wenn ich xy geschildert habe, was war damit für mich verbunden, welche Gefühle hatte ich dabei, welche Wünsche haben sich daraus für mich ergeben, gibt es vielleicht auch Missverständnisse, die vorliegen, die wir hier aufklären können. Wir nennen das „Konflikterhellung“, denn nur wenn wirklich auch in viel Dunkelheit viel Licht gekommen ist, kann man dann in die nächste Phase eintreten, nämlich den ganzen Konflikt auch zu lösen.
Dabei geht es um die Suche nach dem gemeinsamen Nenner, und die Suche nach dem gemeinsamen Nenner betrifft eben aus Opferperspektive: ‚Was brauche ich?‘ und aus Täter*innenperspektive ‚Was kann ich auch leisten?‘. In dem Abschluss des Ganzen wird dann eine Vereinbarung getroffen im besten Fall, da geht es wirklich darum, diese Übereinkunft, die man gefunden hat, konkret schriftlich festzuhalten.“
Wann und in welchen Fällen kommt eine Mediation überhaupt in Frage?
„Der Täter-Opfer-Ausgleich ist zu jedem Zeitpunkt des Verfahrens möglich, Voraussetzung ist immer, dass beide Parteien bereit sind dazu, sich über das Geschehene auszutauschen. Und wir haben keine klassischen Deliktgeeignetheiten. Man kann nicht sagen, dass besonders leichte Kriminalität dazu geeignet ist und schwere Kriminalität sozusagen ausgeschlossen ist.“
Warum braucht es neben dem normalen Gerichtsverfahren noch den Täter-Opfer-Ausgleich?
„Der Konflikt, der zu regeln ist, wird nicht wie im Strafverfahren abgegeben an eine übergeordnete Regelungsinstanz, sondern ich bin in der Position, für mich als Expert*in meiner Lebenswelt sagen zu können: das brauche ich, daran habe ich Interesse, das möchte ich nicht, das tut mir nicht gut. Und das, was damit verbunden ist, ist sich selbst eine aktive Rolle zu geben und dadurch ein Selbststärkungsmoment zu erreichen.“