Name: Shanti Vodjani
Beruf: Sozialpädagogin, Sozialarbeiterin und Zeugenbetreuerin beim Landgericht Hamburg
Aufgabe: Zeugenbetreuerinnen und -betreuer helfen sowohl Betroffenen als auch Personen, die „nur“ Augenzeugin oder Augenzeuge einer Tat wurden, unabhängig vom Delikt, das verhandelt wird. Sie beantworten vorab Fragen und gehen auch mit in die Hauptverhandlung, wenn die Betroffenen sich das wünschen.
Welche Aufgaben haben Zeugenbetreuer*innen?
„Wir sind im Landgericht und aber auch bei allen anderen Amtsgerichten in ganz Hamburg tätig. Unsere Aufgabe ist es, Menschen, die als Zeuginnen und Zeugen geladen sind bestmöglich zu unterstützen, damit möglichst Stress und die hohe Belastung, die oftmals mit einer Zeugenaussage verbunden ist, damit das eben reduziert wird.
Unser Angebot richtet sich an alle Zeuginnen und Zeugen, die in Hamburg geladen sind, und das eben auch unabhängig vom Delikt, vom Alter und auch vom Geschlecht. Das bedeutet, dass wir auch nicht nur unmittelbare Betroffene von Straftaten beraten und begleiten, sondern eben auch Tatzeuginnen und Tatzeugen, aber in den meisten Fällen begleiten wir Betroffene von körperlicher oder auch sexueller Gewalt.“
Stehen Sie den Zeug*innen auch vor und nach einem Prozess zur Seite?
„Unsere Arbeit beginnt damit, dass Zeug*innen geladen werden, also mit der Ladung bekommen sie ein Beiblatt, wo unsere Adresse, unsere Kontaktdaten draufstehen. Ab diesem Punkt können sich dann die Zeuginnen und Zeugen bei uns melden. Das bedeutet: Erst einmal gucken wir telefonisch oder per E-Mail, was für Fragen da sind.
Außerdem begleiten wir auch in die Gerichtsverhandlung rein, was einfach v.a. auch da Stress reduzieren soll, dass man nicht alleine in einer Gerichtsverhandlung ist und dadurch, dass man sich vorher auch schon ein bisschen kennengelernt hat, das für Leute viel angenehmer ist, als alleine dazusitzen.
Also unsere Arbeit endet dann damit, dass die Verhandlung beendet ist und wir dann gucken: Wie ist der Bedarf, gibt es vielleicht die Möglichkeit, dass man die Zeuginnen und Zeugen dann an andere Fachberatungsstellen vermittelt.“
Welche Fragen werden Ihnen am häufigsten gestellt?
„Die Hauptfrage, die Zeuginnen und Zeugen haben, ist: Was passiert bei der Gerichtsverhandlung, das ist v.a. mit der Frage oftmals verbunden: Ist die angeklagte Person anwesend, wird die dabei sein bei der Gerichtsverhandlung? - und es ist tatsächlich so, dass die angeklagte Person grundsätzlich bei den Gerichtsverhandlungen dabei ist.
Dadurch, dass eben das Bild durch Fernsehsendungen oder Erfahrungen in anderen Ländern mit Gerichten auch ein bisschen verzerrt ist, gibt es da oft auch Fragen zu der grundsätzlichen Befragung der Gerichtsverhandlung, weil da haben viele Leute Fragezeichen, weil sie eben denken, dass die ganzen Zeuginnen und Zeugen vielleicht von hinten reinrufen und reinschreien könnten, wie man es eben aus dem Fernsehen kennt.
Oft ist auch die Frage der Zeuginnen und Zeugen, dass sie nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, das Erlebte nochmal zu berichten und gerade so detailliert zu berichten, dass Zeuginnen und Zeugen nicht wissen, wie sie es überhaupt schaffen können, auszusagen, gerade eben auch in Anwesenheit der angeklagten Person. Da geht es eben dann auch ein bisschen darum zu schauen: Wie gut kennt der Mensch sich möglicherweise in Stresssituationen und das würden wir dann ein bisschen schauen, wie wir darauf reagieren und dem entgegenwirken können.“
Was bewirkt Ihre Beratung im besten Sinne?
„Im besten Fall geht ein Zeuge, eine Zeugin aus einer Gerichtsverhandlung raus und fühlt sich bestärkt, fühlt sich bestärkt, es geschafft zu haben, ist froh, dass es vorbei ist und kann einen Schlussstrich ziehen und möglicherweise dann anfangen, eine Therapie zu machen, je nach Bedarf natürlich. Diese Erledigungsfunktion und das Gefühl, etwas geschafft zu haben, das ist immer gut.“