„Ein geschützter Raum ist sehr wertvoll“

Opferberatungsstellen helfen Betroffenen von Straftaten, die für sie oft neuen und sehr belastenden Situationen zu meistern. Olivia Sarma leitet eine solche Beratungsstelle und erklärt im Interview, welche Hilfe sie leistet.

Name: Olivia Sarma
Beruf: Leiterin der Beratungsstelle response in der Bildungsstätte Anne Frank in Frankfurt am Main
Aufgabe: Das Angebot der Beratungsstelle response richtet sich an Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. Dort können sie zunächst über ihre Erfahrungen sprechen und bekommen dann je nach Bedarf Hilfe bei der Suche nach Rechtsberatung oder psychologischer Hilfe oder Unterstützung bei Anfragen von Medien.

Wie sieht Ihre Hilfe für diese Menschen konkret aus?
„In der Regel ist es so, dass Menschen zu uns in die Beratung kommen, weil es einen bestimmten Beratungsanlass, also ein Erlebnis gibt, das sie in unsere Beratung führt, und dann geht es erst einmal darum zu erfahren, was haben die Menschen erlebt, was haben sie vielleicht nach dem Erlebnis schon getan, also viele haben z.B. schon Anzeige erstattet, haben sich schon Unterstützung im sozialen Umfeld gesucht, aber viele haben auch viele Fragen.
Manchmal kommen Leute und sagen: Ich würde gerne einen Anwalt aufsuchen, ich brauche jetzt wirklich eine Rechtsberatung, dann unterstützen wir dabei, und was ganz wichtig in unserer Beratung ist, ist auch die psychosoziale Beratung, die Gespräche, die wir führen. Wir erleben immer wieder, dass es für Menschen sehr, sehr wertvoll ist, einen vertrauten und geschützten Raum zu haben, wo sie von ihren Erlebnissen sprechen können und nicht in Frage gestellt werden.“

Wieso gibt es die Beratungsstelle überhaupt?
„Es gibt die spezifischen Beratungsstellen, weil rechte, rassistische und antisemitische Gewalt bestimmte Besonderheiten aufweisen, sowohl in der Art wie sie auftritt als auch in der Art und Weise, wie sie auf Betroffene wirkt und was sie auslöst.
Wir gehen immer davon aus, dass rechte und rassistische Gewalt Botschaftstaten sind, d.h. Menschen werden angegriffen, aber dieser Angriff gilt nicht nur ihnen individuell, sondern im Prinzip gilt dieser Angriff einer Gruppe, der sie zugeordnet werden, z.B. den Migrant*innen oder schwarzen Personen oder Juden und Jüdinnen und mit dieser Gewalt wird das Existenzrecht dieser Gruppe abgesprochen.
Dann erleben Betroffene häufig, dass die politische Tatmotivation im Nachhinein negiert wird, also dass das soziale Umfeld oder die Behörden oder die Medien die politische Tatmotivation eben nicht anerkennen als solche und nicht benennen und es wird auch häufig eine Täter-Opfer-Umkehr erlebt, d.h. Menschen werden mitverantwortlich dafür gemacht, dass es z.B. zu einer Eskalation oder zu einem Angriff kam.
Wir müssen auch berücksichtigen, dass Rassismus und Antisemitismus eine strukturelle Dimension haben, d.h. Menschen sind in ihrem Alltag, in ihrer Biografie mehrfach davon betroffen, und auch das ist natürlich in der Verarbeitung von Gewalterfahrungen relevant.“

Was ist Ihr Ziel?
„Unsere größte Motivation, unser größter Motor ist, wenn wir merken, dass die Beratungsstelle, dieses Beratungsangebot, was wir in den letzten fünf Jahren aufgebaut haben, angenommen wird und Menschen das nutzen und es sie auch stärkt und ihnen hilft, und ich denke, da erreichen wir mittlerweile viele Leute und konnten schon ganz viel Unterstützung leisten.“

Ihre Arbeit umfasst nicht nur erste juristische Beratung, sondern auch zum Beispiel die Hilfe beim Umgang mit Medienvertreter*innen – in welchen Fällen wird diese gebraucht?
„Es gibt immer wieder Menschen, die bei uns in der Beratung sind und denen es wichtig ist, dass ihre Erfahrung in der Öffentlichkeit sichtbar ist, also dass sie darüber sprechen, dass andere Menschen, die vielleicht nicht betroffen sind, mitbekommen, was eigentlich da so passiert, oder auch andere Menschen, die betroffen sind, sehen oder lesen oder hören können, dass andere Menschen auch ähnliche Erfahrungen machen und dann, wenn Menschen bei uns sind, die gerne Öffentlichkeit herstellen wollen, dann begleiten wir.“


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