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Wenn die Strafverfolgungsbehörden von einer möglichen Straftat erfahren – und soweit erforderlich ein Strafantrag vorliegt – müssen sie diesem Verdacht nachgehen. So beginnt in vielen Fällen das Ermittlungsverfahren durch die Erstattung einer Strafanzeige bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft. Eine Strafanzeige ist jedoch nicht zwingend erforderlich. Wenn die Polizei auf andere Weise Kenntnis von einer möglichen Straftat erlangt, zum Beispiel aus anderen Ermittlungen, muss sie diese ebenfalls verfolgen.
Eine reine Vermutung reicht nicht aus, um ein Ermittlungsverfahren gegen eine Person einzuleiten. Es müssen zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für eine Straftat, also die Möglichkeit einer Straftat vorliegen. Außerdem darf keine Untersuchung stattfinden, wenn das Verhalten, um das es geht, gar nicht strafbar ist, sondern beispielsweise nur unmoralisch oder störend. Es ist daher möglich, dass die Staatsanwaltschaft bereits nach der sorgfältigen Prüfung einer Anzeige entscheidet, keine Ermittlungen durchzuführen.
Damit Polizei und Staatsanwaltschaft prüfen können, ob eine Straftat vorliegt, brauchen sie möglichst genaue Informationen über die Tat – und zwar am besten aus erster Hand. Daher müssen Zeuginnen oder Zeugen sich in der Regel schriftlich oder mündlich äußern. Je früher die Polizei von einer Straftat erfährt, desto schneller kann sie handeln und Spuren finden, die den Sachverhalt aufklären können.
Eine Anzeige kann schriftlich aufgegeben werden, zum Beispiel postalisch oder bei einer Internetwache, oder durch mündliche Vorsprache bei einer Polizeidienststelle. Hierbei dürfen natürlich Begleitpersonen zur Unterstützung mitgebracht werden. Wer Zeuginnen und Zeugen angeben kann, sollte bei der Gelegenheit ihre Namen und Adressen nennen.
Neben der Vernehmung von Betroffenen und Zeugen sichert die Polizei auch mögliche Spuren, die der oder die Tatverdächtige hinterlassen hat. Das können zum Beispiel Fingerabdrücke, Hautpartikel oder Hinweise auf körperliche Verletzungen sein, die Opfern zugefügt wurden. Sie kann auch weitere Ermittlungen durchführen, indem sie Durchsuchungen durchführt, Unterlagen beschlagnahmt und Auskünfte bei Behörden einholt; bei schweren Straftaten kommt auch die Überwachung der Telekommunikation in Betracht. Dabei arbeitet sie eng mit der Staatsanwaltschaft und der Ermittlungsrichterin oder dem Ermittlungsrichter zusammen.
Ermittlungsrichterinnen und -richter treffen bestimmte Entscheidungen im Ermittlungsverfahren, die den Richterinnen und Richtern vorbehalten sind. Dazu gehört etwa die Entscheidung über den Erlass von Haftbefehlen.
Ermittlungsrichterinnen und -richter führen in bestimmten Fällen auch Videovernehmungen von Zeuginnen und Zeugen, die von einer Straftat betroffen sind, im Ermittlungsverfahren durch. Diese Vernehmungen finden meist in einem geschützten Rahmen statt und dienen dazu, dass die Zeuginnen und Zeugen in der Regel später gar nicht mehr vor Gericht erscheinen müssen. Solche Vernehmungen erfolgen bei Betroffenen von Sexualstraftaten unabhängig von ihrem Alter. Aber auch bei der Aussage von Kindern und Jugendlichen zu anderen schweren Delikten wird oft eine Vernehmung durch die Ermittlungsrichterin oder den Ermittlungsrichter durchgeführt, die auf Video aufgezeichnet wird und in der Hauptverhandlung anstelle einer erneuten Vernehmung verwendet werden kann.
Das Ermittlungsverfahren kann lange dauern. Natürlich können die Betroffenen und jeder, der eine Strafanzeige gestellt hat, jederzeit bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft nachfragen, wie der Stand der Dinge ist. Dafür ist es auch wichtig, die Vorgangsnummer, die man nach Anzeigenerstattung erhält, gut aufzubewahren.
Wenn die Polizei ihre Arbeit beendet hat, fasst sie alle Ermittlungsergebnisse regelmäßig in einem Bericht zusammen und schickt ihn zusammen mit den sonstigen Unterlagen, z. B. Protokolle über Zeugenvernehmungen, Lichtbilder usw., an die Staatsanwaltschaft. Die Staatsanwältin oder der Staatsanwalt entscheidet dann, wie das Verfahren weitergeht.
Wenn der Staatsanwaltschaft nach Ende der Ermittlungen nicht genügend Beweise für die Schuld des oder der Tatverdächtigen vorliegen, schließt sie das Ermittlungsverfahren durch Einstellung ab. Vorher muss sie natürlich alle Zeugenaussagen und sonstigen Beweismittel sorgfältig prüfen. In diesem Fall hat die oder der Beschuldigte keine Konsequenzen zu tragen.
Bei geringfügigen Vergehen kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren ebenfalls einstellen, wenn sie davon ausgeht, dass die oder der Beschuldigte nur geringe Schuld auf sich geladen hat (§ 153 StPO). Sie kann dem oder der Beschuldigten auch bestimmte Auflagen erteilen, zum Beispiel die Zahlung einer bestimmten Geldsumme, und das Verfahren einstellen, wenn er oder sie diese Auflage erfüllt hat (§ 153 a StPO). In bestimmten Fällen kann die Staatsanwaltschaft dies nur mit Zustimmung des Gerichts entscheiden.
Hält die Staatsanwaltschaft die Beweismittel für ausreichend, dann erhebt sie Anklage oder sie stellt – in den leichteren Fällen – Antrag auf Erlass eines Strafbefehls. Sie fertigt in beiden Fällen eine Schrift an, in der sie die Tat schildert und darlegt. Darin muss stehen, gegen welche Strafgesetze der oder die Beschuldigte verstoßen hat und wie ihm oder ihr dies nachgewiesen werden kann.
Dies hat den Sinn, das im Ermittlungsverfahren gesammelte Material für das Gericht zusammenzufassen. Auch Beschuldigte erhalten ein Exemplar der Anklageschrift, damit sie wissen, was ihnen genau vorgeworfen wird. Die Anklageschrift oder den Antrag auf Erlass eines Strafbefehls schickt die Staatsanwaltschaft an das Gericht.
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