Zeuginnen oder Zeugen, die belastende Einzelheiten nicht öffentlich aussagen wollen oder die Angst haben, sich mit einer Aussage in Gefahr zu bringen, können darüber offen mit der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder einer eigenen Anwältin bzw. einem eigenen Anwalt sprechen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Zeuginnen und Zeugen zu schützen.
Ausschluss der Öffentlichkeit
Hauptverhandlungen sind in der Regel öffentlich. Die Öffentlichkeit kann aber zum Beispiel ausgeschlossen werden, wenn:
- die Persönlichkeitsrechte von Zeuginnen und Zeugen zu schützen sind, weil die Zeugin oder der Zeuge sehr persönliche oder intime Details beschreiben müssen, insbesondere auch wenn Minderjährige von Sexualstraftaten und bestimmten Gewalttaten betroffen sind,
- wichtige Geheimnisse zur Sprache kommen können, zum Beispiel Betriebsgeheimnisse,
- eine Person bedroht ist.
Die Entscheidung über den Ausschluss der Öffentlichkeit trifft das Gericht. Der Zeuge oder die Zeugin kann den Ausschluss der Öffentlichkeit auch beantragen. In Fällen, in denen nach Auffassung des Gerichts die Persönlichkeitsrechte von Zeugen und Zeuginnen zu schützen sind, hat das Gericht die Möglichkeit, auf Antrag des Zeugen oder der Zeugin die Öffentlichkeit auszuschließen. Wichtig ist, dass der Antrag rechtzeitig gestellt wird und dass dem Gericht alle Informationen darüber vorliegen, warum die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden soll.
Geheimhalten des Wohnorts
Wenn Zeuginnen oder Zeugen besorgt sind und einen Grund dafür angeben können, dass sie oder andere (zum Beispiel Familienangehörige) durch die Angabe ihrer Wohnanschrift gefährdet werden könnten, so können sie darauf hinwirken, dass die Adresse geheim gehalten wird. Stattdessen können sie eine andere Adresse angeben, an der sie zuverlässig erreicht werden können, zum Beispiel die Adresse einer Anwältin oder eines Anwalts oder einer Opferhilfeeinrichtung. In besonders ernsten Fällen hilft auch die Polizei mit einer Zustelladresse weiter. Die Wohnanschrift wird dann in den Akten nicht genannt.
Wichtig: Damit die Wohnanschrift von Anfang an nicht in den Akten auftaucht, sollten Betroffene möglichst schon bei der Erstattung der Strafanzeige an einen entsprechenden Hinweis auf die Gefährdung denken.
Aussage in Abwesenheit
Angeklagte haben ein Recht darauf, während der gesamten Beweisaufnahme im Sitzungssaal anwesend zu sein. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es, dass sie alles mitbekommen, was ausgesagt wird, um darauf reagieren und sich angemessen verteidigen zu können. Nur ausnahmsweise, im Fall einer besonders schwerwiegenden Bedrohung oder Belastung von Zeuginnen oder Zeugen, können diese in Abwesenheit des oder der Angeklagten befragt werden. Darüber entscheidet dann das Gericht.
Aussage per Videovernehmung
In besonders schweren Fällen, in denen körperliche oder seelische Gefahr für den Zeugen oder die Zeugin besteht, können Zeugen auch von einem anderen Ort aus über Bild- und Tonübertragung zugeschaltet und von den im Sitzungssaal Anwesenden befragt werden.
Das gilt vor allem auch für Kinder. In dieselbe Lage können aber auch erwachsene Zeuginnen und Zeugen geraten, vor allem wenn sie Opfer schwerer Gewalttaten geworden sind.
Es ist insbesondere bei Sexualstraftaten und bestimmten Gewalttaten zudem möglich, dass die Zeugenaussage schon vor dem Verfahren aufgezeichnet und die Aufnahme dann in der Gerichtsverhandlung abgespielt wird; die Zeugin oder der Zeuge muss dann gar nicht vor Gericht erscheinen.
Videovernehmungen werden von Gericht, Staatsanwaltschaft und den beteiligten Anwälten und Anwältinnen regelmäßig sehr sorgfältig vorbereitet, Zeuginnen und Zeugen müssen also nicht damit rechnen, bei einer „normalen“ Zeugenladung von einer solchen Maßnahme überrascht zu werden.
Schutz für Minderjährige
Auch Kinder kommen als Zeuginnen oder Zeugen in Betracht. Dabei haben sie besondere Rechte. So werden sie vor Gericht nur von dem oder der Vorsitzenden des Gerichts befragt, direkte Fragen von anderen Personen können aber ausnahmsweise zugelassen werden. Ein Ausschluss der Öffentlichkeit und die Entfernung der oder des Angeklagten aus dem Gerichtssaal sind bei Minderjährigen leichter möglich. Auch werden bei Kindern häufiger Aufzeichnungen ihrer Vernehmungen schon im Ermittlungsverfahren durchgeführt, um ihnen eine Aussage in der Hauptverhandlung möglichst zu ersparen. Für mehr Informationen können sich Erziehungsberechtigte oder die Jugendlichen selbst an eine Beratungsstelle wenden. Mehr dazu hier.