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Besserer Schutz für besonders Engagierte

Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann spricht im Interview mit der Rheinischen Post u.a. über geplante Strafrechtsverschärfungen und die Elementarschadenversicherung.

Datum 28. Juni 2024

„Diejenigen, die sich besonders für unsere Gesellschaft engagieren, wollen wir auch besonders schützen“, betonte Dr. Marco Buschmann in einem Interview mit der Rheinischen Post und bezog sich dabei auf geplante Strafrechtsverschärfungen. Das Strafrecht sei zwar schon heute sehr gut aufgestellt und könne empfindliche Strafen vorsehen – nur müssten diese auch konsequent angewandt werden. Dazu soll die sogenannte Strafzumessungsnorm ergänzt werden. Die Gerichte haben dann strafschärfend zu berücksichtigen, wenn jemand aus Angst vor vergleichbaren Angriffen ernsthaft überlegt, ihre dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit einzuschränken oder aufzugeben.

Das Interview wurde vor der Veröffentlichung auf dieser Seite redaktionell gekürzt.

Rheinische Post: Herr Minister, der Bundeskanzler hat nach der tödlichen Messer-Attacke von Mannheim verkündet, das Strafrecht verschärfen zu wollen. Was ist daraus geworden?

Dr. Marco Buschmann: Die Ankündigung des Bundeskanzlers war zwischen uns vereinbart. Mein Haus hat zügig einen Entwurf ausgearbeitet, wie wir das nun konkret umsetzen. Wir verlieren keine Zeit.

Was genau planen Sie?

Wir wollen Vollstreckungsbeamte wie Polizisten, aber auch Hilfeleistende der Feuerwehr oder des Rettungsdienstes noch besser schützen. Hinterlistige Überfälle auf diese Gruppen erklären wir zu einem besonders schweren Fall des Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte. Attacken in einem geplanten Hinterhalt können die Gerichte dann künftig härter bestrafen und zwar mit bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe.

Das war es?

Nein. Wenn Täter Menschen angreifen, die sich für das Gemeinwohl engagieren, soll das auch verschärfend in die Strafe einfließen können. Das meint Attacken auf Kommunalpolitiker oder auch Ehrenamtliche im Katastrophenschutz oder bei der Tafel. Dazu wollen wir die sogenannte Strafzumessungsnorm ergänzen. Die Gerichte haben dann strafschärfend zu berücksichtigen, wenn jemand aus Angst vor vergleichbaren Angriffen ernsthaft überlegt, ihre dem Gemeinwohl dienende Tätigkeit einzuschränken oder aufzugeben. Diejenigen, die sich besonders für unsere Gesellschaft engagieren, wollen wir auch besonders schützen.

Das klingt insgesamt nach eher homöopathischen Maßnahmen.

Wir sollten unseren Rechtsstaat nicht schwächer reden, als er ist. Schon heute ist unser Strafrecht sehr gut aufgestellt und kann empfindliche Strafen vorsehen. Sie müssen nur konsequent angewandt werden. Es gibt Leute, die glauben, dass man mit dem Strafrecht allein alle Probleme der Gesellschaft heilen kann. Davor will ich warnen. Es wird nicht gelingen, die Verrohung des politischen Klimas und des Umgangs miteinander allein mit immer höheren Strafen zu beseitigen.

Als Reaktion auf die Tat des Afghanen in Mannheim gibt es auch den Plan, Straftäter nach Afghanistan und Syrien auszuweisen und dann abzuschieben. Halten Sie das für richtig?

Ja, soweit es das Völkerrecht und unser Grundgesetz zulässt, halte ich das für konsequent. Mir ist aber wichtig, dass ein Straftäter vorher zumindest einen Teil seiner Strafe in einem deutschen Gefängnis absitzt.

Warum?

Eine strafrechtliche Aufarbeitung und Bestrafung eines Täters hier in Deutschland ist nicht nur aus rechtsstaatlichen Gesichtspunkten wichtig. Straftäter dürfen nicht damit rechnen können, nach einem Attentat bei uns unbestraft ausgewiesen und dann in ihrem Heimatland für ihre Verbrechen vielleicht sogar noch gefeiert zu werden. Das wäre nicht nur für die Opfer und ihre Angehörigen unzumutbar. Das könnte möglicherwiese gewaltbereite Islamisten sogar noch motivieren, zu uns zu kommen, um quasi straffrei Gewaltverbrechen zu begehen. Diesen Anreiz für gewalttätige Migration sollten wir nicht setzen.

Wann sollen die angekündigten Änderungen kommen?

Diesen Mittwoch haben wir den Kabinettsbeschluss zur Ausweisungsfrage gefasst. Ich gehe davon aus, dass wir das Gesetzgebungsverfahren zügig abschließen können. Die Änderungen für das Strafgesetzbuch sind auch fertig und liegen dem Kanzleramt zur Prüfung vor.

Warum sind Sie gegen die Vorratsdatenspeicherung statt Quick-Freeze, wie sie Richter, Ermittler und viele Länder fordern?

Wir haben in den Koalitionsverhandlungen festgelegt, dass es keine anlasslose Speicherung von personenbezogenen Daten und damit auch von IP-Adressen unbescholtener Bürger geben darf. Wir wollen freie Kommunikation im Netz. Die bisherige Regelung der Vorratsdatenspeicherung wurde ja auch mehrfach von Gerichten als grundrechtswidrig eingestuft. Sie kann gar nicht angewendet werden. Mit dem Quick Freeze-Modell geben wir den Ermittlern neue Möglichkeiten, um beispielsweise bei Kinderpornografie Täter besser zu ermitteln. Diese Regelung ist rechtssicher – und sie dient Freiheit und Sicherheit.

Und beim Mietrecht bleiben Sie hart und wollen nicht noch einmal über die sogenannten Kappungsgrenzen reden, um starke Mieterhöhungen zu verhindern?

Eine Kappungsgrenze gibt es bereits. Die Frage ist, ob diese noch weiter abgesenkt werden soll. Man muss bezweifeln, ob das derzeit noch zumutbar wäre: Die immobilienökonomische Lage hat sich sehr zugespitzt. Die Zinsen für Wohnungen sind enorm gestiegen. Es fehlen uns deutschlandweit hunderttausende Wohnungen, gerade in den Ballungszentren. Die Kosten für den Wohnungsbau sind ebenfalls dramatisch gestiegen. Wir sollten den Neubau nicht unattraktiver machen, indem er sich weniger lohnt. Das bremst den Baumarkt – wir brauchen aber mehr Tempo und Dynamik.

Was stört Sie eigentlich an einer verpflichtenden Elementarschadenversicherung? Viele Ministerpräsidenten sind nach den letzten Überschwemmungen dafür, auch Grüne und SPD.

Nichts ist so wichtig, wie elementare Schäden zu verhindern. Wir brauchen mehr Hochwasserschutz. Jedem Eigentümer ist doch wichtiger, dass sein Haus nicht wegschwimmt, als dass er für ein weggeschwommenes Haus Geld bekommt. Wir haben Verbände aller Seiten zusammengeholt – und kein einziger Verband hat sich hinter den Vorschlag der Länder gestellt. Eine Pflichtversicherung schafft mehr Probleme als sie löst.

Warum?

Eine Pflichtversicherung macht das Wohnen teurer – und zwar sowohl für die, die im Eigenheim wohnen als auch für Mieter, weil die Vermieter die Kosten auf die Mieter umlegen. Man müsste auch eine große Bürokratie aufbauen, um bei 20 Millionen Gebäuden die Pflicht zu kontrollieren. Und der Staat müsste weiter letztlich die großen Risiken im Hintergrund tragen, weil die Prämien sonst unbezahlbar wären. Um es klar zu sagen: Ich empfehle jedem, der ein Gebäude hat, eine Elementarschadenversicherung abzuschließen – aber bin gegen gesetzlichen Zwang.

Wie wäre es denn mit einer Solidarprämie? Den Vorschlag gibt es.

Damit eröffnen wir einen gigantischen Umverteilungskreislauf. Diejenigen, die mehr einzahlen als ihr Risiko beträgt, werden sich zu Wort melden und sagen, das ist rechtswidrig. Und wie soll eine Einheitsprämie ermittelt werden? Das Konzept würde wohl nur mit einem staatlich regulierten oder gar staatlich finanzierten Einheitsversicherer funktionieren - den wollen wir aber weder wir noch zahlreiche Bundesländer. Daher haben sich die Landesjustizminister und übrigens auch die Ministerpräsidenten in ihrem Beschluss festgelegt: Es muss versicherungsmathematisch korrekt gebildete Prämien geben.

Was ist mit denen, die inzwischen in einem Hochrisikogebiet leben und keine Versicherung mehr bekommen?

Jeder, der eine Versicherung haben will, soll eine bekommen. Deswegen plädiere ich für eine Angebotspflicht der Versicherer. Damit bleibt die Entscheidung beim Versicherungsnehmer, ob er die dann kalkulierte Prämie für tragbar hält oder nicht. Wenn ich in einem Hochrisikogebiet baue oder wohne, dann ist die Versicherungsprämie natürlich höher. Aber eine Umlage auf die Allgemeinheit wäre nicht zu rechtfertigen.

Sehen Sie keine staatliche Verantwortung? Viele Menschen sind erst durch den Klimawandel betroffen.

Ich sehe eine Schutzpflicht des Staates. Aber die liegt erstmal bei guten Klimaanpassungsmaßnahmen, guter Vorsorge im Hochwasserschutz und guter Bauplanung der Kommunen. Da wundert es einen schon, dass manche Länder, die nun die Pflichtversicherung fordern, bereitsteherde Mittel des Bundes zur Vorsorge nicht abrufen.

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